Allgemeines zum Taekwon-Do

In den Jahren 1945 bis 1955 entwickelte Gen. Choi Hong-Hi die jahrhunderte alte koreanische Kampfkunst Taek Kyon weiter, verwarf unwirksame Techniken und verschmolz eigene Techniken mit effektiven Techniken aus dem Taek Kyon, Tang Soo Do und Karate zu einem heutigen modernen Taekwon-Do nach ITF Prägung. Frei übersetzt bedeutet TKD "die Kunst des Fuß- und Handkampfes". TKD setzt sich aus den folgenden Wortteilen zusammen:

  • Tae = Springen, Stoßen, Schlagen und Abwehren mit dem Fuß
  • Kwon = Schlagen, Stoßen und Abwehren mit der Hand
  • Do = der Weg

Ein wichtiger Aspekt ist der Einklang der sportlichen Ausbildung mit den Charaktereigenschaften, die in den Taekwon-Do Grundsätzen zum Ausdruck kommen:

  • Höflichkeit
  • Selbstdisziplin
  • Integrität
  • Durchhaltevermögen
  • Mut

Die Geschichte des Taekwon-Do (zusammengefasst von Dr. Jörg Bücher)

Das Königreich Silla (57 v. Chr. - 936 n. Chr.), im Südosten der koreanischen Halbinsel gelegen und durch Gebirgsketten von seinem westlichen Nachbarn Paekche (18 v. Chr. - 660 n. Chr.) und Koguryo im Norden getrennt, war das kleinste der drei koreanischen Königreiche Silla, Paekche und Koguryo.

Der Reichtum Sillas basierte auf der Landwirtschaft, es gab zunächst kaum Bedrohungen durch Überfälle aus dem Norden.
Koguryo (37 v. Chr. - 668 n. Chr.), im Norden gelegen, war wegen seiner Nähe zu China und dessen Expansionsdranges in zahlreiche Kämpfe um die Unabhängigkeit verstrickt. Diese Tatsache prägte auch die Menschen, die für ihren Mut und ihre kriegerischen Künste bekannt wurden.
Paekche hatte freundschaftliche Beziehungen zu den chinesischen Kolonialmächten, es erfolgte ein kultureller Austausch.

Durch die kriegerischen Auseinandersetzungen Koguryos mit China und den eigenen Expansionsbemühungen seine Landesgrenzen zu erweitern, wurde im 5. und 6. Jhdt. n. Chr. auch das kleine, südlich gelegene Silla militärisch bedroht. Um sich gegen Übergriffe zur Wehr setzen zu können, wurden in Silla die kriegerischen Künste (Soo Bak-Gi = Handkampf und Taek Kyon = Fußkampf) insbesondere in der Organisation "Hwa Rang Do" trainiert und gefördert. Ferner verbündete sich Silla mit der chinesischen Tang-Dynastie. Diese Allianz besiegte letztendlich die Königreiche Paekche (660 n. Chr.) und Koguryo (668 n. Chr.) und es kam zur Vereinigung der koreanischen Halbinsel unter der Regierung des Silla-Reiches.

Hwa Rang Do (= Weg der "Blumenjugend") hatte einen maßgeblichen Anteil an der Vereinigung der drei Königreiche. Die jugendlichen Mitglieder wurden unterrichtet im Bogenschießen, Reiten, Schwimmen, Jagen, Ringkampf, Fußkampf (Taek Kyon), Handkampf (Soo Bak-Gi) aber auch im Lesen, Schreiben und der Ethik. Einige Historiker sind der Ansicht, dass die Hwa Rang-Krieger die Vorbilder der japanischen Samurai-Krieger waren.

Während Soo Bak-Gi und Taek Kyon noch eine bedeutende Rolle in der Koryo-Dynastie (935-1392 n. Chr.) spielte und eine Blütezeit erfuhr, führte die anti-militärische Einstellung in der nachfolgenden Yi-Dynastie zum Rückgang der kriegerischen Künste in Korea. Soo Bak-Gi und Taek Kyon wurden nur noch von einzelnen Lehrern oder in Familienclans vom Vater an den Sohn weitergegeben. Am 22.08.1910 wurde Korea von Japan bis Ende des 2.Weltkrieges besetzt und die Ausübung der koreanischen kriegerischen Künste von den Besatzern unter Strafe gestellt.

Die wenigen Personen, die die Kampfkünste noch praktizierten, waren gezwungen, dieses im Geheimen zu tun. Einer dieser Personen war CHOI HONG HI, der spätere Begründer des TAEKWON-DO. Er wurde von seinem Vater im Alter von 12 Jahren zu einem berühmten Lehrer der Kalligraphie gesandt. Dieser Lehrer, Han II Dong, war ein Meister des Taek Kyon, der sich nach Aussagen von Choi um den zerbrechlich scheinenden CHOI HONG HI sorgte und ihm zur Selbstverteidigung die Kunst des Taek Kyon lehrte. Etliche Koreaner gingen in dieser Zeit zur Fortbildung nach Japan oder China. Nach Beendigung der japanischen Besatzung im Jahr 1945 kehrten viele Exil-Koreaner mit Kenntnissen in Judo, Karate und anderen Kampfkünsten in ihre Heimat Korea zurück. Zur Bildung neuer koreanischer Kampfkünste kombinierten sie ihre Kenntnisse der Handtechniken aus China, Japan / Okinawa mit den Fußtechniken des koreanischen Taek Kyon.

Choi Hong-Hi, der spätere Begründer des Taekwon-Do, hatte schon zu Beginn seiner militärischen Karriere (1946) damit begonnen, seine Soldaten im Karate zu unterrichten. Allerdings wollte er eine Kampfkunst entwickeln, die sich vom Karate unterschied und diesem überlegen war. Er begann, aus den effektivsten Techniken des Taek Kyon, Tang Soo Do und Karate ein neues System zu entwickeln. 1952, während des Höhepunktes des Koreakrieges, erteilte der koreanische Präsident Rhee Seung dem jungen General Choi Hong-Hi den Auftrag, diese koreanischen Kampfkünste offiziell in das Ausbildungsprogramm des Militärs aufzunehmen. Am 11.04.1955 einigte man sich auf den von Choi Hong-Hi vorgeschlagenen Namen TaeKwon-Do.

Im Jahre 1965 besuchte ein koreanisches Demonstrationsteam unter der Leitung von Choi Hong-Hi Deutschland und zeigte Vorführungen in Frankfurt, Garmisch, München und Berlin. In der Folgezeit entwickelte sich in Deutschland das TKD in erster Linie in den Sportschulen und Vereinen.

Am 22.03.1966 wurde im Choson Hotel in Seoul die International Taekwon-Do Federation (ITF) gegründet. General Choi Hong-Hi wurde der erste Präsident der ITF und blieb es bis zu seinem Tod.

1972 verließ Choi Hong-Hi Korea um nach Kanada auszuwandern. Den Sitz der ITF verlegte er nach Toronto, wo er fortan wohnte. 1974 wurde die erste ITF-TKD-WM in Montreal ausgerichtet. 1985 verlegte die ITF ihren Sitz nach Wien und im selben Jahr wurde das 15-bändige Taekwon-Do Lexikon veröffentlicht. In den Jahren danach verbreitete Choi Hong-Hi sein Taekwon-Do in den ehemaligen Staaten der Sowjetunion, Japan und China. Dass er auch nach Nordkorea ging, um Taekwon-Do zu verbreiten, hat ihm im Westen sehr viel Kritik eingebracht. Am 15.06.2002 verstarb General Choi Hong-Hi mit 83 Jahren in einem Krankenhaus in Pyongyang, Nordkorea.

Durch viele komplizierte Umstände kam es im Taekwon-Do zu Unstimmigkeiten mit Absplitterungen von der ITF mit Gründung anderer Organisationen wie der World Taekwon-Do Federation (WTF), dem Traditionellen Kwon Jae Hwa Taekwon-Do um den Großmeister Kwon Jae Hwa, der Global Taekwon-Do Federation (GTF), Euro Taekwon-Do Federation (ETF), Deutsche Tae Kwon Do Union (DTU) u.v.m.. Nach dem Tod von Choi Hong-Hi kam es auch innerhalb der ITF zu einer Teilung. So existieren inzwischen 3 ITF-Weltverbände die sein Erbe beanspruchen: Die ITF mit Sitz in Wien mit ihrem Präsident Tran Trieu Quan, die ITF mit Sitz in Kanada mit ihrem Präsident Choi Jung Hwa (Sohn des Begründers Choi Hong Hi) und die ITF mit Sitz in Pyongyang mit ihrem Präsident Chang Ung.

Der Sportverein TC Se-Jong e.V. aus Unna ist dem Nordrhein Westfälischen Taekwon-Do Verband e.V. (NWTV) und dem Dachverband für Budotechniken NRW und hierüber dem Landessportbund NRW (LSB-NRW) angeschlossen. Die Mitglieder des TC Se-Jong e.V. haben sich entschieden, nur das authentische Taekwon-Do von Grandmaster Choi Jung Hwa (9.DAN), Präsident der ITF-Canada, und Sohn des Taekwon-Do Begründers Choi Hong Hi (1918-2002) zu trainieren.

Einordnung der TUL in den historischen Kontext (von Dr. Jörg Bücher)

Welcher Taekwon-Do Sportler hat sich nicht schon einmal gefragt, welche Bedeutung und historische Rolle die Persönlichkeiten nach denen die Tul im Taekwon-Do benannt wurden wirklich in der koreanischen Geschichte gespielt haben! Sicherlich hat jeder Trainer bereits unzählige Male die Bedeutung der Tul und natürlich die praktische Ausführung derselben seinen Mitsportlern vermittelt. Aber seien wir mal ganz ehrlich, welcher Nichthistoriker unter uns kann die Tulnamen ad hoc richtig in die jeweilige Epoche einordnen? Dieser Artikel soll bedeutende historische Persönlichkeiten des Taekwon-Do in ein heute gesichertes Geschichtswissen einbinden.

Wie fing alles an?

Um die Zeit kurz vor Christi Geburt, waren im Süden des heutigen Korea die drei großen Stammesgruppen Mahan, Chinhan und Pyonhan beheimatet. Sie gründeten die Königreiche PAEK-CHE in Südwesten und SILLA im Südosten der koreanischen Halbinsel.
Im Norden trat das Reich KOGURYO 17 v. Chr. das Erbe des nach den Mythen 2333 v. Chr. vom heiligen Dan-Gun gegründeten riesigen Chosonstaates an (2.Tul im TKD: DAN-GUN TUL).
Die Vergrößerung des Koguryoreiches nach Norden bis in die Gebiete der Mandschurei, gelang Gwang-Gae-T'oWang, dem 19. König der Koguryodynastie (10.Tul im TKD: GWANG-GAE TUL).
Berühmte Generale dieser Dynastie waren Yon Gae Somun (19. Tul im TKD: YON-GAE TUL) und Ul-Ji Mun Duk (20.Tul im TKD: UL-JI TUL).

Das Königreich Silla und die Hwa Rang-Do

Mitte des 7.Jh.n.Chr., es herrschte gerade Chin Heung als 24. König von Silla, beschlossen junge Adelige eine Elitegruppe für Offiziere mit dem Namen HWA RANG-DO zu bilden. Dieser Eliteeinheit ist der 8.Tul, HWA-RANG TUL, gewidmet.
Aus historischen Quellen, wie z.B. dem Wandgemälde in Kak-Je Tomb oder der Statue von Kumkang-Yuksa, lassen sich entnehmen, das eine Art Fuß- und Handkampf von diesen Kriegern geübt wurde. Viele Techniken ähneln denen des im alten Chosonreiches praktizierten TAEK KYON Techniken und dem beim Volk in Silla beliebten aus einfachen Fußtechniken bestehenden SOO-BAK. Durch diese Kampftechniken, die von den Hwa Rang-Do Kriegern als SOO BAK-GI bezeichnet wurden, gelang eine wirksamere Verteidigung Sillas.

Ein geschicktes Bündnis mit dem chinesischen Tangreich ermöglichte es Silla unter Einsatz der Hwa Rang-Do im Jahre 660 n. Chr. zuerst Koguryo und anschließend unter dem kommandierenden General Kim Yoo Sin (17.Tul im TKD: YOO-SIN TUL) im Jahre 668 n.Chr. Paekche seinem Staatsgebiet einzuverleiben. Selbst der bedeutende Paekchegeneral GE-BAEK, konnte die Okkupation seines Landes nicht verhindern (13.Tul im TKD:GE-BAEK TUL).
Unter dem 30. König in Silla MOON-MOO, ihm ist der 21.Tul gewidmet: 21.TUL: MOON-MOO TUL, kam es zu einer Blütezeit der Kampfkünste. Ab dem Jahre 686 n.Chr. wurde in Silla zunehmend vor allem durch den Mönch WON-HYO der Buddhismus etabliert (4.Tul im TKD: WON-HYO TUL).

Der Niedergang Sillas

Nach dem Niedergang Sillas und der Aufteilung dessen Territorium auf vier Dynastien um 900 n.Chr. gelang es dem Aristokraten Wanggun im Jahre 935 das Reich erneut zu vereinigen. Dieser als Kgr. KORYO bezeichnete Staat existierte bis 1392, von ihm wurde die heutige Bezeichnung KOREA abgeleitet.
Der letzte Oberbefehlshaber und Premierminister der Koryo-Dynastie, General CHOI-YONG, war wegen seiner Loyalität, seinem Patriotismus und seiner Bescheidenheit hoch angesehen (18.Tul im TKD: CHOI-YONG TUL).
Aufgrund machtpolitischer Interessen wurde er unter Mitbeteiligung des ihm untergebenen Generals YI SONG GE hingerichtet.

YI-Dynastie - Jahrhunderte der kulturellen Blüte

Dieser General YI SONG GE setzte 1392 den schwachen König Kong Yang ab und bestieg selbst als König Yi Taejo den Thron der nach ihm benannten YI-DYNASTIE. Er errichtete das bis 1910 bestehende neue Chosonreich.
Regiert wurde in Hanyang, dem heutigen Seoul. In diesen Jahrhunderten erlebte das Reich eine Zeit höchster kultureller Blüte und wirtschaftlicher Entfaltung. Auch das Wirken der bekannten Gelehrten Yi Hwang (16. Jh. n.Chr.), Schriftstellername: Toi-Gye, der eine Autorität auf dem Gebiet des Neu-Konfuzianismus war und Yi I (1536-1584), Pseudonym: Yul-Gok, der den Beinamen "koreanischer Konfuzius" trug, fiel in diese Epoche. An sie wird im Taekwon-Do durch den 5.Tul, YUL-GOK TUL, und den 7.Tul, TOI-GYE TUL, erinnert.
Ein weiteres Beispiel für die Kreativität der Menschen dieser Zeit war der berühmte Admiral CHOONG-MOO, der im Jahre 1592 ein kleines gepanzerte Schiff erfand, welches sehr tief im Wasser lag und somit von den gegnerischen Schiffen erst sehr spät entdeckt werden konnte.
Es gilt im asiatischen Raum als Vorläufer des heutigen Unterseebootes, wobei häufig nicht erwähnt wird, dass das eigentlich erste funktionstüchtige Unterseeboot, die "Turtle" des Amerikaners Bushnell, erst 183 Jahre später abtauchte und vor allem auch wieder auftauchte!
Im 9.Tul, dem CHOONG-MOO TUL, wird dieser koreanische Admiral geehrt. Dieser Tul stellt im Taekwon-Do die Schwelle vom Schülergrad zum Meistergrad dar.
Noch heute ist in Korea der Physiker und Philosoph Chong Mong-Chu (1400 Jh.), dessen Pseudonym PO-EUN war, durch sein patriotisches Gedicht: "Ich würde keinem anderen Herren dienen, selbst wenn ich hundert mal gekreuzigt würde" den Koreanern bekannt (11.Tul im TKD: PO-EUN TUL).
Weitere herausragende Persönlichkeiten waren der General Kim Duk Ryang (14. Tul im TKD: CHOONG-JANG TUL), der Mönch Choi Hyung Ung (22. Tul im TKD: SO-SAN TUL) und einer der größten koreanischen Könige schlechthin SE-JONG, der im Jahre 1443 das koreanische Alphabet erfand (23.Tul im TKD: SE-JONG TUL). Er zeichnete sich weniger durch martialische Aktionen als durch seinen außergewöhnlichen Intellekt aus und hat sich dadurch in der Geschichte zu Recht ein Denkmal gesetzt.

Korea unter japanischer Vorherrschaft

In der Zeit des Imperialismus am Anfang des 20. Jahrhunderts wurde Choson aufgrund japanischer Hegemoniebestrebungen dem Kaiserreich Japan einverleibt. Der erste japanische Generalbevollmächtigte in Choson, Fürst Hiro-Bumi Ito wurde durch den Freiheitskämpfer AN JOON-GUN im Jahr 1909 ermordet. Nach ihm ist im Taekwon-Do der 6.Tul, JOON-GUN TUL, benannt.
Ahn Ch'ang-Ho (1876-1938), sein Pseudonym war DO-SAN, setzte sich im Besonderen für die Unabhängigkeitsbewegung und Bildungsförderung in Korea ein (3.Tul im TKD: DO-SAN TUL).
Der 14 Tul, EUI-AM TUL, ist dem Patrioten Son Byong Hi gewidmet, der am 1. März 1919 die Unabhängigkeitsbewegung leitete.